Fachtag der AG Soziale Arbeit zum Thema „Armut als (wenig sichtbares) Querschnittsthema in Lehre, Forschung & Praxis?“

Gerd Stecklina, Gunda Sandmeir, Birgit Baumeister

1. Teil 04.08.2023

In der AG Soziale Arbeit setzten sich Kolleginnen und Kollegen der Fakultät für angewandte Sozialwissenschaften im Februar mit dem Thema „Jugend ein Armutsrisiko“ auseinander. Als thematische Fortsetzung wurde Ende Juni mit dem Fachtag zu Armut als Querschnittsthema der Diskurs für Fachkräfte aus der Sozialen Arbeit, Lehrende, Forschende und Studierende geöffnet. In 17 Workshops wurde das Thema „Armut“ aus verschiedenen Perspektiven bearbeitet.

Der Fachtag stieß auf großes Interesse, so dass die geplante Teilnehmer:innenzahl von 80 bis 100 bei Weitem übertroffen wurde. Besucht haben den Fachtag 180 Personen, davon waren zur Hälfte Fachkräfte aus unterschiedlichen Arbeitsfeldern der Sozialen Arbeit, die andere Hälfte waren Studierende und Angehörige aus verschiedenen Hochschulen.

Als Einstieg zum Fachtag zeigte der Gastredner Prof. Dr. Marquardsen, der an der Hochschule Kiel eine Professur für Armut und sozialer Ungleichheit im Kontext Sozialer Arbeit innehat, das Ausmaß und die Folgen von Armut auf. Er verdeutlichte die strukturelle Armutsproblematik, die gesellschaftlicher und politischer Lösungsansätze bedarf. Darüber hinaus erörterte er Armut in ihrer individuellen Ausprägung als schambehaftete Begrenzung von Lebens- und Entwicklungsmöglichkeiten. An den Vortrag schlossen sich 9 Workshops an, in denen Armut aus der Perspektive von Lebensalter und Lebensphasen, aus sozialpolitischer sowie aus juristischer und ethischer Perspektive diskutiert wurden.

Im zweiten Vortrag am Nachmittag wurden von Joachim Hayen (Fachstelle Armutsbekämpfung der Stadt München) anhand des Münchner Armutsberichts 2022 die konkreten Zahlen von Armut in München vorgestellt. In der darauffolgenden Workshoprunde, die nun der offenen Diskussion und der (Weiter-)Entwicklung von Themen vorbehalten war, wurden Armut aus kapitalismuskritischer und digitaler Perspektive sowie Armut im Kontext von Scham, Behinderung, Familie und Drogenkonsum betrachtet. In einem von Studierenden und einer Dozentin gestalteten Workshop wurde die Frage aufgeworfen, wie mit Armut in der Praxis der Sozialen Arbeit umgegangen wird.

Zu fragen bleibt, was für ein Resümee wir aus dem Fachtag ziehen? Deutlich wurde, (1) dass die Fachkräfte der Sozialen Arbeit zunehmend mit Armutslagen konfrontiert sind und dabei an ihre Grenzen stoßen, was die Veränderung der Lebensumstände der Adressat:innen betrifft. (2) Dass es mehr gemeinsame Diskurs- und Entwicklungsräume für Praktiker:innen, Lehrende, Forschende und Studierende und nicht zu vergessen, für Adressat:innen und Zivilgesellschaft geben sollte. (3) Dass auch die Politik stärker in die Verantwortung genommen werden muss, vor allem in Hinblick auf die strukturelle Ebene von Armut.

Nähere Ausführungen zu den Workshops folgt zeitnah in Teil 2 des Beitrags.