Fachtag der AG Soziale Arbeit zum Thema „Armut als (wenig sichtbares) Querschnittsthema in Lehre, Forschung & Praxis?“

Texte zusammengestellt von Gunda Sandmeir, Gerd Stecklina und Birgit Baumeister

Im Teil zwei zum Fachtag werden nun die Workshops kurz beschrieben. Wenn Ihr Interesse geweckt wurde, können Sie unter folgendem Link https://syncandshare.lrz.de/getlink/fiGf9pEVRpVU6AMmiFjfkP/ ausführlichere Beschreibungen herunterladen.

Workshop 1/1 Prof. Dr. Regine Schelle: Armutssensibles Handeln in kindheits- und sozialpädagogischen Handlungsfeldern

Armut im Kindes- und Jugendalter ist mit vielfältigen negativen Konsequenzen für die Kinder, Jugendlichen und deren Familien verbunden. Entsprechend sind kindheits- und sozialpädagogische Fachkräfte in ihrem professionellen Handeln herausgefordert, armutssensibel zu agieren. Im Workshop wurde gemeinsam erarbeitet und reflektiert, welche beruflichen Kompetenzen dafür erforderlich sind und wie sich das Trilemma des armutssensiblen Handelns beschreiben lässt. Ziel war es, die kindheits- und sozialpädagogischen Institutionen als Ort der Reproduktion sozialer Ungleichheit zu reflektieren sowie professionelle Handlungsoptionen zu diskutieren. Das zusammenfassende Statement lautet:  „Armutssensibilität setzt Armutsbetroffenheit auf allen Ebenen des Systems der Kinder- und Jugendhilfe voraus, damit die paradoxen Situationen im professionellen Handeln reflektierbar werden!“

Workshop 1/2 Prof. Dr. Monika Brönner / Dr. Gerd Reifferscheid:

(Psychische) Gesundheit/Krankheit von wohnungslosen Menschen

Der Gesundheitszustand von wohnungslosen Menschen ist sehr häufig beeinträchtigt. Sowohl im Bereich der somatischen als auch der psychiatrischen Medizin finden sich bei wohnungslosen Menschen stets erhöhte Morbiditätsraten und auch Mortalitätsraten.

Im Workshop wurden die Ergebnisse der SEEWOLF-Studie („Seelische Erkrankungsrate in den Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe im Großraum München“) und das Forschungsprojekt „Gesundheitsvorsorge wohnungsloser Menschen“ vorgestellt. Im Anschluss wurden die Ergebnisse diskutiert und Erfahrungen ausgetauscht.  Das zusammenfassende Statement lautet: „Der Gesundheitszustand wohnungsloser Menschen ist sehr häufig beeinträchtigt. Appell: Forschung, Versorgung und Vernetzung müssen vorangetrieben werden!“

Workshop 1/3 Prof. Dr. Jutta Schröten:  Sozial- und finanzpolitische Perspektiven auf ökonomische Ungleichheit und Soziale Arbeit

Täglich haben SozialarbeiterInnen mit den Auswirkungen von sozial- und finanzpolitischen Entscheidungen zu tun. Im Workshop wurden unterschiedliche Perspektiven auf ökonomische Ungleichheit eingenommen, analysiert und in ihrer Bedeutung für die Soziale Arbeit diskutiert. Die Analyse wurde nicht abstrakt, sondern an ausgewählten Beispielen ausgeführt. Perspektiven lösen ökonomische Ungleichheit nicht auf, vielleicht helfen sie im Verständnis und in der Profession. Herzliche Einladung zur Diskussion und zum Weiterdenken. Das zusammenfassende Statement lautet: „Wir brauchen mehr politisches Wissen und den Mut, Verhältnisse ändern zu wollen!“

Workshop 1/4 Rita Bliemetsrieder: Adil: Meister des Lebens in erschwerenden Bedingungen – Armut auf den zweiten Blick in der Forschung

In dem Workshop stand der Übergang Schule-Beruf im Zentrum der Betrachtung und damit zusammenhängend die Herausforderungen, die Jugendliche und junge Erwachsene in dieser (entstandardisierten) Statuspassage zu ‚meistern‘ haben. Dass diese Herausforderungen sehr differenziert und individuell gerahmt sowie in gesellschaftliche Verhältnisse eingebettet sind, lässt sich am Fall Adil gut nachvollziehen. Exemplarisch wurde gezeigt, wie die subjektorientierte Übergangsforschung einerseits ihren Blick auf individuelle Handlungspraxen und Bewältigungsleistungen lenkt und andererseits auch immer gesellschaftliche Verhältnisse und Strukturen betrachtet und mit bedenkt. Dass auch Fragen von Armut unweigerlich darin aufscheinen, diese aber eines spezifischen Blicks auf das empirische Material bedürfen, wurde in diesem Workshop gemeinsam erarbeitet werden. Das zusammenfassende Statement lautet: „Entkopplung von Handlungsspielraum/Entscheidungsmöglichkeiten und sozialer Herkunft!“ und „Politische Arbeit von Praxis & Forschung an den richtigen Stellen!“

Workshop 1/5 Prof. Dr. Katja Stoppenbrink / Prof. Dr. Ute Kötter: Kinderarmut und Kindergrundsicherung. Ethische und rechtliche Perspektiven

Die Frage einer Kindergrundsicherung kann sehr theoretisch und abstrakt diskutiert werden. Dann geht es z.B. darum, wie sich Verteilungsgerechtigkeit und Chancengleichheit herstellen und Kinderarmut vermeiden lassen. Es handelt sich um eine internationale wissenschaftliche Diskussion in Philosophie und Ethik, Wirtschafts- und Sozialwissenschaft sowie weiteren Fachrichtungen.

Die Frage einer Kindergrundsicherung lässt sich zugleich sehr konkret und diskursbezogen vor dem Hintergrund der deutschen Sozialrechtskulisse mit ihren familienbezogenen Leistungen und den für Deutschland vorgeschlagenen Modellen argumentieren.

In diesem Workshop wurden beide Ebenen miteinander verzahnt und in aller Kürze ethische und rechtliche Hintergründe der Debatte in Deutschland betrachtet. Die vorgetragenen Argumente wurden pro und contra unter die Lupe genommen, um für die Diskussion um die Kindergrundsicherung gut gewappnet zu sein. Das zusammenfassende Statement lautet: „Kindergrundsicherung – Just do it!“ und „Sozialleistungen für Kinder in einer Leistung zusammenfassen und das Arbeitseinkommen der Eltern nicht mehr auf diese anrechnen!“

Workshop 1/6 Prof. Michael Nitsch: Menschen und ihre Geschichten. Kinderschutzperspektiven im Kontext von Armutslagen – Gesehen ja, doch auch erkannt?

Entlang einer Fallvignette wurden Bezüge sowohl zu den aktuell vorherrschenden Gefährdungslagen hergestellt als auch das soziale Konstrukt „Kindeswohlgefährdung“ und dessen fachliche Implikationen auf das eigene professionelle Handeln diskutiert.

Das Fallverstehen als Basis der Beziehungsgestaltung in der Kinderschutzarbeit ist ein voraussetzungsvolles sowie anspruchsvolles Unterfangen, in dem komplexe gesellschaftliche und fallspezifische Anforderungen und Fragestellungen ihre Wirkung entfalten. Diskutiert wurden folgende Fragen: Welche Gefährdungslagen beschäftigen die Professionellen im Besonderen? Worauf richten dabei die bestehenden Kinderschutzarrangements ihren Blick? Welche gesellschaftlichen Erwartungen einer „Präventionsgesellschaft“ spiegeln sich in den fachlichen Anforderungen? „Risikofamilien“ oder Familien mit Risiken? Wobei gilt es standzuhalten, wenn die Soziale Arbeit das Prädikat „pädagogisch“ (wertvoll) beibehalten will? Das zusammenfassende Statement lautet: „Individuelle Gefährdungsbeurteilung muss eine politische Dimension haben.“ und

 „Bildung als Chance“

Workshop 1/7 Isabelle Riedlinger: Prekäre Arbeitsbedingungen in der Sozialen Arbeit. Ansätze, Ideen und Handlungsspielräume

Im Workshop wurde einführend das komplexe Feld der Zusammenhänge rund um das Thema der Arbeitsbedingungen in der Sozialen Arbeit aufgespannt. Unterschiedliche Kriterien „guter Arbeit“ wurden veranschaulicht, ein Spotlight auf den deutlich ausgeprägten Fachkräftemangel gelegt und die intersektionale Verflochtenheit von Care-Arbeit im Hinblick auf ihre gesellschaftliche Notwendigkeit einerseits und ihre strukturelle Ab-Wertung andererseits hervorgehoben. In Kleingruppen wurde erarbeitet, welche Ideen, Möglichkeiten und Handlungsspielräume die jeweiligen Statusgruppen der Studierenden, Mitarbeitenden der Sozialen Arbeit und Lehrenden haben, um Arbeitsbedingungen in der Sozialen Arbeit aktiv zu beeinflussen. Das zusammenfassende Statement lautet: „Prekäre Verhältnisse adressieren – auf allen Ebenen!“

Workshop 1/8 Prof. Dr. Heribert Limm / Gwendolyn Schweizer (Landkreis München)

Leben am Existenzminimum und Armut ist für 16,4% der deutschen Bevölkerung Alltag (Paritätischer Armutsbericht 2021). Betroffene leiden nicht nur unter den häufig öffentlich diskutierten geringeren beruflichen und gesellschaftlichen Teilhabechancen. Die tägliche Konfrontation mit dem soziokulturellen Existenzminimum hinterlässt auch in der psychischen Gesundheit ihre Spuren. Im vorgestellten Forschungsprojekt wurden KlientInnen verschiedener Beratungsangebote/sozialer Betriebe für Langzeitarbeitslose und Armutsgefährdete zu verschiedenen Aspekten ihrer „Mental Health“ befragt. Die Ergebnisse wurden im Workshop vorgestellt und Praxisbeispiele illustrierten die Vielschichtigkeit von individuellen Problemlagen. Diese wurde in der Diskussion aufgegriffen und führte zu der Aussage, dass Individualisierung und psychotherapeutische Optimierungsmodelle keine Lösungswege darstellen, sondern dass es vielmehr gesellschaftliche und politische Bemühungen („Gestaltung des öffentlichen Raumes“) geben muss, um die Lebensbedingungen der Betroffenen wirksam zu verändern. Das zusammenfassende Statement lautet: „Teilhabe und Teilgabe ermöglichen“ und „Niedrigschwellige, aufsuchende ganzheitliche Zugänge im Sozialraum/Netzwerk anbieten und ausbauen“ sowie „Empörung und Selbstfürsorge!“

Workshop 1/9 Prof. Dr. Stefan Pohlmann: Alter und Armut

Im Workshop wurden Zahlen und Befunde zum Thema Alter und Armut vorgestellt und hinterfragt. Zugleich wurden blinde Flecken benannt, wenn wir Armutsgefährdungen aktueller und künftiger Generationen alter Menschen einzuschätzen versuchen.

Auf dieser Grundlage standen im Weiteren mögliche Ansätze zur Bekämpfung und Abmilderung einer materiellen Deprivation unter Berücksichtigung multipler Problemlagen in einer alternden Gesellschaft zur Diskussion. Zugleich wurden u.a. verbliebene Ressourcen, Fragen der intragenerationellen Solidarität und Verwirklichungschancen im höheren Lebensalter erörtert. Das zusammenfassende Statement lautet: „Politische Arbeit und Soziale Arbeit gehören zusammen“ „Alte Menschen sind Problem und Problemlösung zugleich“ „Angebote flächendeckend und einfach für jede:n zugänglich“

Workshop 2/1 Prof. Dr. Klaus Weber: Armut und Kapitalismuskritik – ein Denkraum

„Reicher Mann und armer Mann standen da und sah’n sich an.

Da sagt der Arme bleich: Wär ich nicht arm, wärst du nicht reich“

So heißt es in einem Gedicht Bertolt Brechts. Wie entsteht gesellschaftlicher und individueller Reichtum in unserem Land? Welche Rolle spielen das Wirtschaftssystem und der Staat? Wieso werden seit Jahren die Armen ärmer und die Reichen reicher – bundes- und weltweit? Ist das so gewollt und falls ja, von wem? Oder ist das dem System „Kapitalismus“ immanent?

Fragen über Fragen, die wir alle nicht gleich beantworten können, weil die sehr komplex sind. Aber wir können zumindest anfangen darüber nachzudenken. Das zusammenfassende Statement lautet: „Kapitalismus abschaffen! Aber wir wissen nicht, wie…“

Workshop 2/2 Prof. Emily Engelhardt: Armut und digitale Teilhabe

Der Workshop adressierte die Herausforderungen digitaler Benachteiligung, speziell bei von Armut betroffenen Menschen. Denn sie verfügen häufig über unzureichende technische Ausstattung und Fähigkeiten, um digital teilzuhaben. Digitale Armut wurde als neue Form gesellschaftlicher Ausgrenzung thematisiert, wobei drei Schlüsselbereiche im Mittelpunkt stehen: Zugang, Befähigung und Partizipation. Es wurden aktuelle Forschungsergebnisse vorgestellt, die das Ausmaß der Problematik veranschaulichten. Die Rolle der Sozialen Arbeit wurde mit dem Ziel diskutiert, digitale Bildung zu fördern und den Zugang zu verbessern, um eine aktive Teilhabe in der digitalen Welt für alle zu ermöglichen. Das zusammenfassende Statement lautet: „Digitalisierung geht nicht mehr weg“ und „Fachkräfte verfügen über zu wenig bis gar keine digitalen Kompetenzen und Geräte“ sowie „Langfristiges Recht auf analoge Angebote“

Workshop 2/3 Prof. Dr. Ute Kötter und Studierende der HS München: „Warum kümmert sich niemand darum? Armut in der Praxis der Sozialen Arbeit?“ Erfahrungsberichte aus dem Theorie-Praxis-Seminar Armut

Einführend stellten Studierende ihre Praxiseinrichtungen vor:

  • Marie Fleischmann (AWO, Offener Tagestreff Otto & Rosi)
  • Nick Czerny  (AWO Info-Zentrum Migration und Arbeit)

Das zusammenfassende Statement lautet: „Verdeckte Armut muss in der Praxis und an der Hochschule thematisiert werden!“

Workshop 2/4 Dörthe Friess (KJF Lichtblick Hasenbergl): Wir reden über Armut? Tabus, Scham und Chancen – eine Praxisreflexion

„Ich habe als Kind und Jugendliche immer versucht unsere Armut zu verstecken. Man schämt sich dafür und denkt, man ist mit seiner Familie selber schuld.“, beschreibt Aicha, 24 Jahre, ihre Erfahrungen. In der Einrichtung Lichtblick hat sie sich gemeinsam mit anderen jungen Menschen im Projekt „Aufwachsen in Armut – lass uns reden“ seit 2021 mit ihren Armutserfahrungen auseinandergesetzt. Verwundert stellten die jungen Menschen fest, wie ähnlich ihre Geschichten sind. Ein Fazit der Teilnehmer*innen ist: „Reden über Armut kann entlasten, offen reden können wir jedoch nur im geschützten Rahmen.“

Im Workshop wurde gemeinsam darüber nachgedacht, wie und warum über Armut geredet wird. Es wurde über die Wirkung von Tabus (wie Armut) auf betroffene Menschen sowie auf Fachkräfte gesprochen. Und wenn Scham als Reaktion auf das Tabu, schützt und verhüllt: „Wie gelingt Reden über Armut ohne bloßzustellen?“

Ein kurzer Bericht über das Projekt „Lasst uns Reden“ mit filmischen Einblicken stellte die Erfahrungen zur Verfügung. Das zusammenfassende Statement lautet:  „Jugendliche werden politisch, wenn das Thema Armut nicht individualisiert wird“ und „Enttabuisierung des Themas Armut bei gleichzeitigem Schutz der Betroffenen!“

Workshop 2/5 Prof. Dr. Ursula Unterkofler / Denise Feldner (Condrobs): Armut und Drogenkonsum. Hochschule und Praxis im Dialog

Im Workshop wurde darüber gesprochen, welche Zusammenhänge zwischen Drogenkonsum und Armut bestehen, wie sich Armut der Adressat:innen niedrigschwelliger Drogenhilfe äußert und welche Handlungsansätze zur Bearbeitung von Armut in diesem Arbeitsbereich praktiziert werden. Es entstand ein Raum des fachlichen Austauschs, in dem die Expertisen aller Beteiligten, ihre Erfahrungen und Fragen ihren Platz fanden. Neben Fachkräften aus der Wohnungslosenhilfe und der Straffälligenhilfe zeigten sich vor allem viele Studierende interessiert am Thema und beteiligten sich an der lebendigen Diskussion. Das zusammenfassende Statement lautet: „Drogenkonsum und Armut führt durch Kriminalisierung zu Exklusion auf ökonomischer, gesundheitlicher und gesellschaftlicher Ebene“

Workshop 2/6 Prof. Dr. Angelika Iser: Nachhaltigkeit und Armut

Es gibt viele Bezüge zwischen Armut und Nachhaltigkeit. Mit kleinen Impulsen rund um Nachhaltigkeit und Armut wurde ein Denkraum eröffnet für den Austausch untereinander.

So konnte den Fragen nachgegangen werden, die sich in der Sozialen Arbeit zunehmend stellen, wie: Welche Rolle spielt Armut für Nachhaltigkeit? Und welche Rolle spielt (fehlende) Nachhaltigkeit für Armut? Ist Nachhaltigkeit überhaupt ein Thema für Soziale Arbeit? Kann es ein Thema sein für Soziale Arbeit mit armen Menschen, die doch ganz andere Probleme dringlicher zu bewältigen haben? Was ist dabei der Auftrag von Sozialer Arbeit? Und wie sieht das im globalen Zusammenhang aus? Das zusammenfassende Statement lautet: „Nachhaltigkeit und Armut bringt Soziale Arbeit an ihre Grenzen! Es ist notwendig, auf Einzelfälle aber auch auf gesellschaftliche Zusammenhänge/Strukturen zu sehen!“

Workshop 2/7 Prof. Dr. Katrin Reich: Behinderung und Armut

Was bedeutet Armut für Menschen mit Beeinträchtigungen? Sind Menschen mit Beeinträchtigungen häufiger von Armut betroffen? Welche Rolle spielt Armut bei der Entstehung von Beeinträchtigungen? Und welchen Zusammenhang gibt es nun zwischen Armut, Beeinträchtigung und Behinderung? Gemeinsam wurden diese Fragen diskutiert und die Aufgabe der Sozialen Arbeit herausarbeiten. Das zusammenfassende Statement lautet: „Armut durch fehlende soziale Teilhabe!“

Workshop 2/8 Prof. Dr. Gabriele Vierzigmann und Luis Teuber (Diakonie Hasenbergl): Genug mit dem Elend! Wie steht es beim Thema Familien in Armut um den Transfer zwischen Hochschule und Praxis?

Der Forschungsstand zu Kindern, Jugendlichen und Familien in Armut ist aussagekräftig, die Fachkräfte wissen um die Brisanz dieses Themas und sind durch dessen Erleben täglich in hohem Maße herausgefordert. Wie können Studierende auf das Arbeitsfeld vorbereitet werden und wie kann der Austausch zwischen Hochschulen und Praxis verstärkt, wie transdisziplinäre Aktivitäten initiiert werden?

Mit Blick auf die Ausbildung der Studierenden wurden Kompetenzen einfordert, z.B. hinsichtlich des Umgangs mit der Nicht-Inanspruchnahme von Sozialleistungen, mit den realen Erfordernissen im Kinderschutz, im Hinblick auf Selbstreflektionsfähigkeit und auf eine nicht-stigmatisierende, empathische Haltung gegenüber von Armut betroffenen Familien. Viele Teilnehmende betonten die Notwendigkeit, Forschung, Lehre und Praxis zu kombinieren, dafür neue Wege zu finden und Fall- und Projektstudium in enger Verschränkung von Trägern und Hochschule auszubauen. Dies könnte auch dazu führen, dass in Gesamtzusammenhängen gelehrt werden und die Studierenden mit mehr Sicherheit in die herausfordernde Praxis gehen könnten. Das zusammenfassende Statement lautet: „Theorie in die Praxis / Praxis in die Theorie!“ „Wissen, Können, Fachlichkeit und Haltung in kooperativen Lernorten entwickeln“