Emily Engelhardt
„Ja, aber geht das eigentlich auch online!?“ ist eine Frage, die ich seit über 20 Jahren in unterschiedlichen Kontexten immer wieder gestellt bekomme. Seit März 2023 bin ich an der Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften als Professorin tätig. Ich möchte gerne einen Resonanzraum schaffen, in dem sich mit dieser und weiteren Fragen konstruktiv beschäftigt werden kann. Die Professur mit der Denomination ‚Digitale Transformation in Sozialen Handlungsfeldern und Gesellschaft‘, deutet auf drei Aspekte hin, die es nun mit Leben zu füllen gilt:
1.) Digitale Transformation – wohlgemerkt ein manchmal etwas sperriger Begriff – spielt für die Soziale Arbeit eine immens wichtige Rolle. Denn die Auswirkungen dieses ergebnisoffenen Prozesses, sind alltäglich spürbar. Und so haben sie in der Lebenswelt der Adressat:innen, aber auch im praktischen Handeln der Professionellen eine große Bedeutung.
2.) Es entstehen neue Herausforderungen, denen in den Sozialen Handlungsfeldern begegnet werden muss und für die neue Lösungen und Arbeitsweisen entwickelt und etabliert werden müssen.
3.) Gilt es aktuelle Entwicklungen und deren Einfluss auf gesellschaftliche Prozesse zu beobachten und auch sozialpolitisch Stellung zu beziehen, wenn es beispielsweise um Teilhabeaspekte oder digitale Exklusionsphänomene geht.

Die Frage, wie ‚digitale Dinge‘ in der Sozialen Arbeit klug genutzt und einen Mehrwert schaffen können, beschäftigt mich vor allem im Kontext von Beratung. So bin ich 2001, zu einer Zeit, als das Internet fast noch in seinen Kinderschuhen steckte, zur Onlineberatung gekommen. Nachdem ich einige Jahre eine große Onlineberatungsstelle für Kinder und Jugendliche unter Trägerschaft des Kinderschutz e.V. München leiten durfte, hat es mich für eine Weile in die ‚Offline-Welt‘ zum Intergrationsfachdienst Weilheim gezogen. In der Arbeit mit jungen Menschen mit unterschiedlichen kognitiven Einschränkungen und mit Erwachsenen, die aufgrund einer Schwerbehinderung unterschiedliche (berufliche) Benachteiligungen erlebten, hat mich die Frage nach digitalen Teilhabemöglichkeiten bewegt. Wie wollen wir als Gesellschaft damit umgehen, dass bestimmte Personengruppen digital weniger oder gar nicht teilhaben, während ‚das Digitale‘ doch immer wichtiger wird? Und wie qualifizieren wir Fachkräfte in der Sozialen Arbeit, um auf Entwicklungen und Herausforderungen angemessen zu reagieren?
2012 bekam ich das Angebot an der Technischen Hochschule Nürnberg ein Institut für E-Beratung an der Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften als Geschäftsführerin mit aufzubauen. Fast 10 Jahre durfte ich spannende Forschungsprojekten initiieren und begleiten, die der Frage nachgingen, wie das Internet und digitale Kommunikationsmedien im Kontext Sozialer Arbeit innovativ genutzt werden können. Vor allem ging es aber um die Entwicklung von Qualitäts- und Qualifizierungsstandards für die Onlineberatung, die ich in Projekten und der Lehre erarbeiten und umsetzen konnte.
Als Systemische Beraterin und Supervision begleite ich seit vielen Jahren soziale Organisationen in Entwicklungsprozessen rund um die Digitalisierung der Sozialen Arbeit. Die Professur bietet nun die Chance im Kontext der Hochschule wichtige Themen voranzutreiben und Fragestellungen zu reflektieren. Aktuell ist beispielsweise eine brennende Frage, welche Auswirkungen die enorm schnell fortschreitenden Entwicklungen der KI haben werden. Da mein Herz für die Lehre schlägt, freue ich mich besonders auf den Austausch mit den Studierenden, um von ihrem Zugang zu den Themen zu erfahren und gemeinsam gute Lösungen zu entwickeln.